Sonntag, 8. November 2015

"Viva la Reformation"


Nichts gegen Reformen. Die braucht es immer und immer wieder in der Kirche. Aber woher die anzulegenden Maßstäbe nehmen für notwendige Änderungen? "Sola scriptura" - die Kampfparole Luthers - taugt dazu nicht. Denn die Heilige Schrift interpretiert sich nicht selber, sondern braucht die Interpretation derer, aus deren Schoß sie erwachsen ist, der Gemeinschaft der Glaubenden, der Kirche und ihrer Überlieferung, ihrer Tradition. Nur so kann man den Entstehungs- und Wachstumsprozeß der Kirche, der Bibel, der Glaubenslehre und ihres Sinnes in einer bestimmten Situation und Zeit recht erkennen und einordnen und auf dieser Basis über eventuell notwendige Reformen gemeinsam nachdenken, streiten, entscheiden, ohne alles Vorherige einfach als falsch und "unbiblisch" zu bezeichnen. Unter der Führung des Heiligen Geistes, versteht sich.
"Tradition" falsch verstanden führt zu "Traditionalismus", Versteinerung des lebendigen Wirkprozesses des Heiligen Geistes in der Kirche, ist bloße Rückwärtsgewandheit und Weltfremdheit. "Reform" falsch verstanden führt zu "Reformation", Entwurzelung aus dem lebendigen Wirkprozess des Heiligen Geistes in der Kirche, ist Absolutierung der Gegenwart und Anfälligkeit für den Zeitgeist. Beides ist Gefahr für den lebendigen Glauben der Kirche. Beides richtet den Blick einseitig auf etwas, das nicht alles sein kann.
Statt "Viva la Reformation" wäre mir zur bevorstehenden 500-Jahrfeier der Reformation ein Sündenbekenntnis lieber, oder wenigstens ein ausdrückliches Bedauern darüber, daß die Ereignisse damals, nicht nur durch die Schuld der römischen Kirche, sondern auch durch die Schuld des Reformatoren und seiner Mitstreiter, zur Kirchenspaltung, zur Verletzung der Einheit des Leibes Christi, gekommen ist.

2 Kommentare:

  1. >Sowohl die griechischen wie die lateinischen Kirchenväter verbinden mit den Begriffen "reformare" und "reformatio" in der Regel den biblisch-heilsgeschichtlichen Gedanken einer personalen Erneuerung auch die Vorstellung von der Erreichung eines qualitativ besseren Zustandes. Diese Idee von einer "reformatio in melius" findet sich insbesondere bei Tertullian, Ambrosius von Mailand und Augustinus von Hippo. Auch wenn sich die häufig Augustinus zugeschriebene Formulierung "Ecclesia semper reformanda" in seinem Werk nicht findet, hat er den "Reformatio"-Begriff mehrfach auch auf die Kirche hin definiert. Er stellte fest, dass Reform der Kirche eine Rückkehr der "Kirche Kains" zur "Kirche Abels", von der "civitas terrena" zur "Civitas Dei" bedeutet. Dabei begriff er insbesondere das Mönchsleben als reformatio, die die Mönche auf besondere Weise dem "Gesetz" Christi unterwirft.<

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchenreform#Biblische_Reformverst.C3.A4ndnis_und_paulinische_Reformen

    AntwortenLöschen
  2. eine Rückkehr der "Kirche Kains" zur "Kirche Abels", von der "civitas terrena" zur "Civitas Dei" bedeutet.

    Na, da hat die Ev. Kirche dann aber noch einen weiten und beschwerlichen Weg vor sich. ;-)

    AntwortenLöschen